Bild: Victoria Wonka / Napalm Records

Endorphin

Infected Rain

Der Herbst steht offenbar ganz im feurigen Zeichen des Modern Metal: Nach so gigantischen Releases wie „The Sound Of Scars" von Life Of Agony, Lacuna Coils „Black Anima" oder „Orphans" von The Agonist sind nun endlich auch die gefeierten Szenelieblinge von Infected Rain an der Reihe. Der Titel des neuen Machwerks der fünf Freunde aus Chișinău, Moldawien, gibt dabei ganz frei vor, wie man sich gefälligst über die gesamte Lauflänge der Platte zu fühlen hat: Power, Adrenalin und Endorphine am laufenden Band! Sie selbst bezeichnen sich immer und überall als Jünger des Nu Metal, wirklich einordnen mag man Infected Rain vor allem auf „Endorphin" genretechnisch aber nicht. Die Band aus Moldawien fischt sich nuancenhaft durch allerlei Genres, bleibt sich soundtechnisch aber stets treu und liefert so knackig harten, modern gestrickten Metal mit Core-Brutalität, der sich ins Gedächtnis fräst. Leidig wirken hingegen die ewigen Vergleiche vieler Kritiker und Fans mit den Labelmates von Jinjer - wirklich vergleichen kann man die beiden eigenständig talentierten Kapellen nämlich nicht. Klar, beide Formationen kommen mit weiblichem Lead daher und sind sich auch heimattechnisch recht nah, stilistisch beackern Infected Rain und Jinjer allerdings zwei vollkommen unterschiedliche Felder.

Wenn überhaupt, lässt sich die stimmliche Bandbreite von Frontfrau, Metal-Princess und Stilikone Lena Scissorhands mit der von Maria Brink (In This Moment) zu „Black Widow"-Zeiten vergleichen: hoch platzierte Screams und melodiöse Clean-Passagen, die einem unweigerlich die Hose ausziehen. Zugegeben, als mit „Passerby" die erste Single vom neuen Album veröffentlicht wurde, hielt sich die Begeisterung noch ein Stück weit in Grenzen. Der Song ist gut, keine Frage, taugt aber keinesfalls als voranpreschende Promo einer neuer Scheibe. Vielleicht hätten Lena und ihre Jungs einfach direkt mit Zweitsingle und Album-Opener „The Earth Mantra" durchstarten sollen: Ein überragendes Musikvideo, elektronische Spielereien und brachiale Core-Gewalt der übelsten, besten Sorte sorgen hier für eben jene Glücksgefühle, die Infected Rain auf ihrer neuen Platte beschallen wollen! Zu den fünf bereits veröffentlichten Tracks gesellen sich auf „Endorphin" noch fünf weitere Neulinge, die das dritte Album der Band zu einem imposanten Gesamtkonzept vervollständigen.

Jede Textzeile, die ich für Infected Rain schreibe, basiert auf meinen eigenen Erfahrungen, Ängsten und Enttäuschungen meines Lebens. Das Schreiben hilft mir dabei, in dieser Welt zu überleben, das Singen hingegen, wirklich zu leben. Die Realität kann frustrierend sein, die Musik ist mein Ausweg.
Lena Scissorhands via infectedrain.com

Kalorienarmes Futter für das eigene Glücksgefühl: Infected Rain bringen mit „Endorphin" Album Nummer 3 auf den Weg und begeistern dabei mit überragender Experimentierfreude.