Bilder & Text: Marion Rimser

Heavy Metal-Kings aus Österreich: Interview mit Serenity

Neuer Tourbericht zum Sonntag: Unsere Österreich-Korrespondentin Marion Rimser war mal wieder in der Welt unterwegs, um euch allerfeinste Eindrücke aus erster Hand zu liefern. Diesmal ergriff sie die Chance, die Jungs von Serenity im schönen Wien zu erleben. Passend zum Konzert, das Serenity gemeinsam mit Vanish und Rage in der Szene Wien spielten, traf sie Frontmann Georg Neuhauser später zum Interview. Viel Spaß beim Lesen!

Gestern Schweiz, heute Wien, morgen Slowakei - das alles im Tour-Bus. Wie stressig ist das für dich?

Georg: Mit dem Tour-Bus, muss ehrlich gestehen, ist es am wenigsten stressig. Wir hatten schon Tourneen, wo wir selbst mit dem Wohnmobil oder mit einem Kleinbus gefahren sind und das ist stressig. Für uns ist das natürlich fein, wir haben einen Fahrer und müssen uns nicht kümmern, wann wir losfahren müssen, damit wir pünktlich ankommen. Wir müssen nur schauen, dass wir zum richtigen Zeitpunkt im Bus sind. Wir haben unsere Schlafkojen, wo wir ohne Probleme schlafen können - es gibt immer wieder Kollegen, die im Bus nicht schlafen können, aber ich gehöre Gott sei Dank nicht dazu! Ich schlafe im Bus wie ein Baby und hole damit sehr viel Schlaf nach, was ich im normalen Jobleben zu wenig habe. Das einzige, was vielleicht stresst, ist, dass immer wieder Sachen passieren, wie ein technisches Problem beim Bus oder ein Stau (so wie heute) und wir relativ knapp ankommen, aber ansonsten ist es Entspannung pur mit dem Nightliner.

Wie ist es für dich, den ganzen Tag mit deinen Bandkollegen zusammen zu sein?

Georg: Es ist ein Vorteil bei Serenity, dass wir keine gecastete Band sind, die sich nicht kennt. Wir kennen uns sehr lange. Mit dem Schlagzeuger bin ich seit 15 Jahren in derselben Band und auch die anderen sind schon jahrelang dabei. Es ist eher ein Freundschaftsausflug. Wo die Freundschaft aber schon langsam endet, ist wenn die Stageklamotten nicht gewaschen werden und nach 10 Tagen redet man miteinander und läuft weg. Der Geruch in dem Nightliner ist wieder ein eigenes Thema.

Habt ihr Zeit, euch die jeweilige Stadt anzuschauen?

Georg: Es kommt ganz darauf an. Man hat hin und wieder die Möglichkeit, aufgrund eines Day off, wenn man einen Tag komplett irgendwo steht, dass man sich ein bisschen was anschaut. Auf dieser Tour war das leider nicht der Fall, denn wenn wir wo gestanden sind, dann meistens irgendwo in der Pampa, wo links und rechts außer eines McDonalds oder einer Tankstelle nichts war, aber in der Vergangenheit hatten wir schon immer wieder die Möglichkeit. Wir sahen Städte wie z.B. Cardiff, Paris oder London. Auch wenn es meistens nur zwei bis drei Stunden sind. Also in Wien schaffst du in der Zeit das Zentrum und den Stephansplatz, aber für einen ersten Eindruck reicht es.

Serenity gibt es seit 2004. Erzähl uns in Kurzform die Idee bzw. die Geschichte dahinter!

Georg: Also Serenity selbst als Namen gibt es schon seit 2001. Da war aber bis auf den Schlagzeuger, der quasi das Urgestein ist, von uns noch keiner dabei. Ende 2004 habe ich bei meinem Nachbarn im Nebenort an seinem Auto den Aufkleber serenity-band.com gesehen und da habe ich mir gedacht, genau solche Leute bräuchten wir. Der Gitarrist damals, Tom und ich waren auf der Suche nach Mitmusikern und somit habe ich einfach beim Nachbarn geklingelt und gesagt, dass er uns braucht. Vorerst war er nicht so begeistert, denn er hatte ja schon eine Band. Wir haben dann aber doch eine Probe zusammen gemacht und so ist eigentlich alles entstanden mit komplett neuer Besetzung und neuen Positionen. Der Sänger ist damals zum Keyboard gewechselt, ich habe den Gesangsposten übernommen, es kamen ein neuer Gitarrist und Bassist und so kann man sagen, dass Serenity die Band mit dieser Stilrichtung seit 2004/2005 existiert. Dann ist alles relativ schnell gegangen, wir haben ein Demo rausgebracht, das hatte sehr gute Kritiken bekommen. 2006 haben wir dann bei dem heimischen Label Napalm Records einen Plattenvertrag unterschrieben, wo wir nach wie vor sind.

Seid ihr zufrieden?

Georg: Ja, sind tolle Leute. Na klar, ein Label ist ein Label und eine Band ist eine Band, das heißt, man bescheißt sich gegenseitig (lacht). Meistens das Label mehr als die Band (lacht noch mehr). Nein Scherz, Spaß beiseite. Es passt, sonst hätten wir den Vertrag nicht verlängert. Was wirklich bei Napalm Records für uns wichtig war, dass wir das Gefühl bei den zwei Köpfen haben (Thomas und Max), eine Herzensangelegenheit zu sein und nicht nur aufgrund der Verkäufe. Also eine österreichische Band mit einem österreichischen Label, das zählt bei denen noch etwas. Österreich ist leider nicht so bekannt als Bandhochburg.

Aber es gibt sehr gute Nachwuchsbands!

Georg: Ja, aber die müssen auch strampeln, strampeln, strampeln so wie wir 15 Jahre lang. Wir sind bei weitem auch noch nicht Iron Maiden, aber irgendwann, wenn ich 80 bin - ihr werdet es schon sehen.

Dann machen wir wieder ein Interview?

Georg: Ja, im Ernst-Happel-Stadion!

Euer sechstes Werk „Lionheart" ist 2017 erschienen, was macht es so besonders?

Georg: Es macht mit Sicherheit aus, dass es von den Melodiebögen sehr eingängig ist, aber auch etwas härter als die Vorgänger ist. „Lionheart" ist sicher das powermetaligste (Ausdruck von Georg) Album das wir bisher rausgebracht haben. Vor kurzem ist „The Last Knight" erschienen, das ist bisher unser erfolgreichstes. In Deutschland belegte es den Platz 25 in den Charts, noch vor Andreas Gabalier. Auch in der Schweiz hat es Platz 33 erreicht und in Österreich immerhin auch Platz 73. Das heißt, man nimmt diese Musikrichtung zum ersten Mal im deutschsprachigen Bereich größer wahr. Das ist schon eine Genugtuung. 2017 haben wir in Österreich den Amadeus abgestaubt und haben somit höhere Einstiege in die Charts. Das aktuelle Album hat einen Österreich-Bezug, weil es von Maximilian I. handelt, ein Vertreter des Hauses Habsburg.

Gibt es von allen Songs einen, der dir besonders am Herzen liegt? Wenn ja, warum?

Georg: Bei „Lionheart" ist es auf jeden Fall der Titeltrack, der ist für mich ein besonderes Highlight, weil es einer der besten Songs ist, den wir je geschrieben haben und weil ich aufgrund meines Hauptberufes (Dozent für Geschichte an der Universität in Innsbruck) vor allem mit mittelalterlicher Geschichte zu tun habe. Deshalb sind auch die beiden Alben „Lionheart" und „The Last Knight" eine Herzensangelegenheit von mir, auch inhaltlich.

Wie geht es mit Serenity nach dieser Tour weiter?

Georg: Am 1. April geht es nochmal auf Tour für 11 Tage mit Serenity als Headliner. Mit dabei sind noch Dynazty aus Schweden, Victorius aus Deutschland und Ad Infinitum. Leider nur mit einem Österreich-Termin in Wörgl, Tirol. Außerdem spielen wir bald zu ersten Mal in Russland auf einem Festival, Big Gun in der Nähe von Moskau. Da freuen wir uns schon sehr, denn es ist unser erster Russland-Trip. Es wird noch zwei bis drei Festivals geben, bei denen wir auch dabei sind, die sind aber leider noch geheim.

Spielt ihr lieber auf Festivals oder Konzerte?

Georg: Konzerte sind uns doch lieber, weil wir da unsere eigene Show aufbauen können und die Leute kommen ganz bewusst mit der Absicht, unsere Musik zu hören. Da können wir natürlich showmäßig mehr machen, angefangen vom Bühnenaufbau, wir haben längere Spielzeiten, bei den Festivals ist es meisten nach 50 Minuten vorbei. Bei Headlinern, so wie im April, haben wir 80 bis 90 Minuten Spielzeit. Wir können ein Akustikset einbauen, Gäste dazuholen, Pyrotechnik, usw. - was bei Festivals in unseren Größenkategorien noch schwierig ist, weil um 16 Uhr nachmittags die Pyroshow zu starten wenig Sinn macht.

Zu deiner Person: Hast du eine Musical-Ausbildung? Deine Stimme ist der Hammer!

Georg: Danke sehr. Nein, die einzige Ausbildung, die ich habe, ist wirklich die Mama. Sie hat mir sehr viel mitgegeben. Ich habe so Sachen wie die Musikhauptschule besucht und danach das Musikgymnasium wo aber Chorgesang im Vordergrund stand. Die größte und beste Schule war mit Sicherheit, dass ich 13 Jahre lang nebenher in Coverbands gespielt habe. Mit 17-18 Jahren habe ich die erste Coverband gegründet, ursprünglich auch mit 2 Mitglieder von Serenity. Damals haben wir uns in den Kopf gesetzt nicht Green Day zu covern, sondern Queen, Toto, Van Halen, etc. was wir nicht geschafft haben, aber wir haben sehr viel geübt, dass es immer besser und besser wurde und auch meine Stimme wurde immer bester.

Du hast schon selbst gesagt, dass du schon sehr früh mit Musik konfrontiert wurdest, damals von deiner Mama und Volksmusik. Gibt es noch eine Verbindung zur Volksmusik?

Georg: Nein, keine direkte mehr. Natürlich, wenn wir bei der Mama Besuch haben, dann ist es durchaus noch üblich, dass wir zusammen etwas singen. Aufgrund, dass die Mama nicht ganz konform mit unserer Musikrichtung ist, wird dann schon manchmal Volksmusik gesungen, aber richtige. Nicht volkstümliche, sondern alte, tiroler Volkslieder, die teilweise bis ins 18./19. Jahrhundert zurück reichen.

Wenn deine Mama mit dieser Musikrichtung nichts zu tun hat, du aber als du sechs Jahre alt warst eine Iron Maiden-Platte bekommen hast - wer hat sie dir geschenkt?

Georg: Das war meine Schwester. Sie ist 12 Jahre älter als ich und war in ihrer musikalischen Entwicklung viel weiter. Ursprünglich hat sie Bands wie Accept, Scorpions und eben auch Iron Maiden gehört und somit hat sie mich mit dem Musikstil angesteckt. Das lustige ist, dass sie inzwischen auf Schlager gewechselt hat und ich immer noch im Metal feststecke und ich da wahrscheinlich auch nicht mehr wegkommen werde.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass du deiner Schwester eine Schlager-CD geschenkt hast?

Georg (lacht): Nein, da war ich unschuldig. Sie hat irgendwann selbst eine schwerwiegende Droge genommen oder was auch immer, dass es diesen Cut gemacht hat. Semino Rossi und CO.

Das heißt, man sieht dich am 16. Juli in der Wiener Neustadt beim Iron Maiden-Open Air?

Georg: Da sieht man mich sogar wirklich, ich habe schon eine Karte.

Du hast selbst vorher schon gesagt, du bist Dr. in Geographoe und Geschichte!

Georg: In Geschichte, in Geographie bin ich Magister Ich halte Vorlesungen an der Uni. Ich habe noch eine Wissenschaftsstelle, die vom österreichischen Fond der Wissenschaft und Forschung mitfinanziert wird. Das ist eigentlich mein Hauptberuf. Dann unterrichte ich noch am Abendgymnasium für Erwachsene Ökonomie, Geographie und Wirtschaftskunde. Den Rest wisst ihr ja eh.

Letzte Frage: Heavy Metal-Fans bzw. die Musikrichtung hat ja eher nicht so ein gutes Bild in der Öffentlichkeit. Was sagst du zu den Vorurteilen?

Georg: Es ist einfach ein kompletter Schass! Ich sage es einfach so wie ich es mir denke. Wie zuerst schon erwähnt, ich habe immer wieder in Coverbands gespielt und bei jedem Feuerwehrfest gab's Ausschreitungen und Schlägereien. Es hat 25 Securities gebraucht, die Polizei war da, es war die Rettung da. Ich habe schon auf so vielen Metal Festivals gespeilt und es war noch nie irgendetwas, rein gar nichts. Die schauen vielleicht im ersten Moment ein bisschen „komisch" aus, lange Haare, tätowiert, große Hühnen mit riesigen Bärten etc. Diese fragen Dich dann ob sie etwas helfen können oder wenn du stolperst und hinfällst, dann sind 10 Leute da, die dir aufhelfen. Also genau das krasse Gegenteil von einem normalen Zeltfest. Ich muss auch oft lachen, wenn ich mit unseren Fans rede, was sie beruflich machen, dann sind da total viele dabei, die in einer Bank arbeiten oder eine Rechtsanwaltskanzlei haben oder ähnliches. Sie erzählen mir dann, dass sie mit 14 Jahren angefangen haben „Halloween" zu hören und irgendwann Serenity entdeckt haben. Das sind alles ganz normale Menschen, die nicht den Ö3 Mainstream mitgemacht haben. Gott sei Dank!

Lieber Georg, vielen Dank für die Zeit und das ausführliche Interview!