Bild: Jens Koch / Universal Music

F&M

Lindemann

​​​​​Nehmt das, ihr Schneeflöckchen! Stets im wohlig balancierenden Spagat zwischen Skandalschlagzeile und angemessener Gesellschaftskritik präsentieren Lindemann endlich „F&M", das inzwischen zweite Studiowerk von Till Lindemann und Peter Tägtgren. Als würde der Rammstein-Frontmann sonst nicht schon genug Raum und Zeit eingeräumt bekommen, um sich textlich stets absolut direkt über aktuelle Problemthemen zu echauffieren, will auch sein Zweitprojekt auf „F&M" wieder zartbesaitete Zuhörer vor den Kopf stoßen und Fans der lyrisch zielgerichteten Neuen Deutschen Härte in ihren Bann ziehen. Wo sich der kreative Teufel gemeinsam mit Bandkollege Tägtgren (Pain, Hypocrisy) bereits auf dem plattentechnischen Vorgänger „Skills In Pills" (2015) zusehends vom sonst so typischen Rammstein-Sound abgrenzen wollte, dröhnt auch „F&M" nicht ausschließlich für eingeschworene Rammstein-Jünger durch die Boxen. Gerade die instrumental sanfteren Stücke der neuen Scheibe und elektronisch aufgefüllte Klanggerüste auf „F&M" zeigen mal wieder, wie divers und abwechslungsreich sich Till Lindemann inzwischen auszuleben versucht. Die alleinstehende „Mathematik"-Single mit Deutschrap-Atze Haftbefehl reicht da quasi schon aus, um die Ideologie des Leipzigers zu greifen - Hauptsache anders.

„Was für Algebra, Bitch? Ich kenn nur Straßenmathematik."

Im Gegensatz zum „Skills In Pills"-Vorgänger zelebriert „F&M" nun jedoch wieder öfter - und dann stets mit voller Breitseite - die Ästhetik der Neuen Deutschen Härte. Trotzdem wagen Lindemann einen überraschend sanften Einstieg in die neue Scheibe, der in Form von Erstsingle „Steh auf" (siehe Stream) mit Alternative Rock-Charme sowie eingängiger Violinen-Sequenz begeistert - und natürlich Schauspielkünstler Peter Stormare im zugehörigen Video. In fein säuberlicher Albumfolge gab's dann als nächstes die „Ich weiß es nicht"-Single auf die Ohren und Augen, die so auch direkt auf der neuen Rammstein-Platte platzgefunden hätte. Das innovative Musikvideo, welches mittels künstlicher Intelligenz erstellt wurde und dabei eine wirre Folge von zusammenhangslosen Bild- und Videoeindrücken auf den Zuschauer loslässt, reizt die Aufmerksamkeit der Fans dann bis zur Verständnislosigkeit. Bravo!

Doch Moment, wo bleibt eigentlich der Skandal, von dem alle reden? Den schoben Lindemann im Stile eines studierten Promo-Jungsspundes vor wenigen Tagen in Form von „Knebel" nach. Nicht nur, dass Till hier herrlich treffend über freie Meinungsäußerung im Netz philosophiert, ist das Video zu allem Überfluss dank ausschweifender Nacktheit und blutverschmierter Brutalität auch noch in lediglich zensierter Form via YouTube zugelassen. Die Kommentar-Spalte ist passenderweise wie immer deaktiviert - so kennen und lieben wir unsere(n) Lindemann eben. Alles in allem liefern die beiden Kreativköpfe Till und Peter hier eines der spannendsten, deutschsprachigen Konzeptwerke seit langer, langer Zeit ab und übertreffen dabei sogar Rammstein selbst. Man überreiche ihnen die Krone und den Schlüssel zum Abwechslungsreich!

Eine passende Tour zur neuen Platte gibt's natürlich ebenfalls. Alle wichtigen Infos sowie sämtliche Dates der „F&M"-Tour dazu findet ihr hier!

Ein Mann ist zornig: Rammstein-Frontmann Till Lindemann zeigt sich auch über sein Zweitprojekt so kritisch und skandalös wie eh und je.

TRACKLIST

  1. Steh auf
  2. Ich weiß es nicht
  3. Allesfresser
  4. Blut
  5. Knebel
  6. Frau & Mann
  7. Ach so gern
  8. Schlaf ein
  9. Gummi
  10. Platz Eins
  11. Wer weiß das schon