The Disconnect
Heart Of A Coward
Am Mic ist ganz schön Betrieb - zumindest wird man im Fall von Heart Of A Coward irgendwie das Gefühl nicht los, die Jungs würden ihre Findungsphase quasi nie richtig überwinden. Drei Stimmtalente (wenn man es ganz genau nimmt, sogar vier) sind es inzwischen gewesen, die auf technisch feinen, meist ultimativ scheppernden Metalcore-Clustern das lyrische Feld beackern durften. Dabei ist die Gründung des Djent-Kollektivs erst frische 10 Jahre her: 2009 erblickte die viel gelobte „Dead Sea"-Debüt-EP das Licht der Welt, auf dem so ewige Lieblings-Moshtracks wie „Around A Girl (In 80 Days)" oder „City In Exile" Metalcore-Fanherzen auf der ganzen Welt höherschlagen ließen. Von hier an ging es für Heart Of A Coward relativ schlagartig an die Spitze der Genre-Nahrungskette, die nachfolgenden Alben wurden allesamt von Presse und Zuhörerschaft gefeiert.
So beständig die musikalische Qualität der Jungs aus London auch sein mag, so wechselhaft wirkt hingegen das Vertrauen in die stimmliche Kompetenz der bisherigen Mikrofonträger. Nach Ben Marvin und James Timfy, die 2011 gemeinsam ausstiegen und kurzerhand mit der Rap-Djent-Kombo Hacktivist neue Maßstäbe setzen konnten, sowie Jamie Graham, der bereits vor gut zwei Jahren aus familiären Gründen Cheers sagen musste, ist es nun eben an Semi-Newcomer Kaan Tasan. Wohl nur den nerdigsten Szenekennern dürfte der neue Frontmann durch seine Zeit bei No Consequence oder aufgrund einiger Feature-Parts mit Monuments etwas sagen. Doch spätestens seit der brachialen Preview-Single „Collapse" dürfte jedem klar sein: Stimmlich und charakterlich hat sich die Neuverpflichtung locker mehr als ausgezahlt!
Musikalisch haben sich Carl Ayers und Steve Haycock (beide Gitarre), Vishal Khetia (Bass) und Christopher Mansbridge (Drums) jedenfalls hervorragend auf den Neuankömmling eingestellt, der im Gegensatz zu seinem monströsen Vorgänger weitaus filigraner daherkommt. Das sorgt nun dafür, dass viele der Songs auf „The Disconnect" mit starkem Mix aus klassisch technischer Heart Of A Coward-Härte und mächtig antreibenden Refrains begeistern. Ein Kompromiss, den man als Fan einer sich verändernden Band definitiv so unterschreiben kann. Und wenn man mal ehrlich ist: Wirklich verdrehen musste sich hier keiner der Jungs. Trotz etlicher Wechsel an der stimmlichen Front fühlt sich jede Sekunde von „The Disconnect" eben wie ein klassisches Heart Of A Coward-Produkt an - allerdings hochwertiger produziert und insgesamt mit deutlich stärkerem Songwriting. Gleichzeitig hat man sich das Trennungsproblem wundervoll zum Instrument geformt, textlich immer wieder aufgegriffen und so eine der größten Stärken der Band offenbart: die Kunst des Aufstehens nach dem Fallen. Lieblingssongs gibt es viele, doch vielmehr ist es das Gesamtwerk, das Konzept hinter „The Disconnect", welches Heart Of A Coward nach wie vor zu einer der spannendsten Formationen des Genres macht.
Ausgestattet mit neuer Stimmgewalt und neuem Label sieht die Zukunft der Briten von Heart Of A Coward absolut perlig aus.
TRACKLIST
- Drown In Ruin
- Ritual
- Collapse
- Culture Of Lies
- In The Wake
- Senseless
- Return To Dust
- Suffocate
- Parasite
- Isolation