Rehab
Eskimo Callboy
Nur eine Band wie Eskimo Callboy kann es wohl ausgiebigst für sich nutzen, wenn ein Bandmitglied verkatert nach dem Aufstehen kurz mal entscheidet, die neue Bachelorette bei RTL zu klären. Zwischen Ruhrpott-Schnauze, Partys like a Rockstar und elektronisch aufgegossenem Core-Geballer haben Sushi (Vocals), Kevin (Vocals), Daniel (Gitarre), Pascal (Gitarre), Daniel (Bass) und „Die Bachelorette 2017"-Gewinner David (Drums) noch so jedes Fettnäpfchen mitgenommen - wirklich geschadet hat es den Jungs aber nicht. Im Gegenteil: Eskimo Callboy sind inzwischen eine echte Institution geworden, die Zeiten des pubertären Party-Projekts sind längst vorbei. Und doch sind sich die Freunde aus Castrop-Rauxel sound- und einstellungstechnisch absolut treu geblieben - #attitude is no platitude. Mal ehrlich: Wer kann schon von sich behaupten, Sido für 'nen Feature-Part organisiert oder 'n Musikvideo von und mit Gaming-Legende HandOfBlood spendiert bekommen zu haben. Als hätten die Jungens das Meme-Game nicht nur durchgespielt, sondern einfach selbst erfunden - ob man den Scheiß nun mag oder nicht.
Dass man trotzdem nie wirklich stehengeblieben ist, sondern den eigenen Sound über die Jahre hinweg immer weiter verfeinert hat, zeigt die neue Scheibe in Perfektion. Da treffen starke Linkin Park-Vibes („Prism") auf geradlinige Party-Kracher („Hurricane") und die durchweg typische Eskimo Callboy-Ästhetik zwischen ernst und ernsthaft übertrieben („Nice Boi"). Auch schön zu sehen, dass der mächtig eingängige „Rage 2"-Soundtrack seinen Weg auf die neue Platte gefunden hat - „Supernova" rundet die Ära „Rehab" einfach absolut lässigst ab. Letztlich muss man sogar sagen: Trotz Chart-Erfolg des „The Scene"-Vorgängers wirkt Album Nummer 5 deutlich runder und in gewisser Weise selbstsicherer - bitte, bitte mehr davon!
Es ist sehr schwer, "Rehab" zu beschreiben. Allgemein könnte man sagen, dass wir etwas grundsätzlich Anderes versucht haben. Wir haben versucht, uns auf die wichtigsten Kernaspekte der Musik zu konzentrieren.
Eskimo Callboy via Century Media Records
Die Ruhrpott-Jungens sehen das übrigens ganz ähnlich. Man wollte sich fast schon von Grund auf neu orientieren, ohne aber den personifizierten EC-Style aufzugeben, sich weiter treu zu bleiben. Ein gutes Jahr lang werkelten Sushi und Co. an der neuen Scheibe, verzichteten sogar erstmals komplett auf Gastmusiker. Ein wichtiger Schritt für Eskimo Callboy, um sich noch weiter vom Image früherer Tage zu entfernen und von der Szene als ernstzunehmender Qualitätslieferant wahrgenommen zu werden. Ist gelungen!
Sushi schleift seine Jungens in den Entzug - doch wovon eigentlich? „Rehab" ist einfach die logische Konsequenz aus gut 10 Jahren Nonstop-Party. Jib ihn!
Genre Electrocore / Metalcore | Label Century Media Records | Vertrieb Sony Music | erhältlich ab 01.11.2019
TRACKLIST
- Take Me To
- Rehab
- It's Going Down
- Hurricane
- Disbeliever
- Okay
- Made By America
- Supernova
- Lost
- Nice Boi
- Prism